Im Winter 2006/2007 lernte Rolf Infanger in einem kleinen Restaurant in Pathein, Myanmar, Pfarrer Carolus kennen. Er ahnte damals noch nicht, was daraus alles entstehen könnte. Es war klar nicht seine Absicht, ein Hilfswerk zu gründen.

Vorsehung oder Gürtel enger schnallen

 Wenige Tage nach dem unerwartet plötzlichen Tod der Frau von Rolf Infanger – Frau Maria Schregel Infanger – erhielt er die Einladung eines guten Freundes, ihn nach Myanmar zu begleiten. Nach nur drei Monaten machten sich Rolf Infanger und zwei Freunde auf den Weg nach Burma, dem heutigen Myanmar. An einem Abend mit feucht-warmem Tropenwetter fand die entscheidende Begegnung mit Pfarrer Carolus statt. Er erzählte von seinen verschiedenen Aufgaben als Priester im Dorf Kanazogo. Dieses befindet sich im Irrawaddy-Delta, wo ungefähr 4‘000 Menschen leben. Zusätzlich betreibt Carolus ein Kinderheim mit 120 Kindern. 21  davon sind Vollwaisen, mehr als 40 Halbwaisen. Die Kinder kommen von entfernten Dörfern aus sehr armen Familien. Sie hatten zuvor gar keine Möglichkeit, eine Schule zu besuchen. Auf die Frage, wie er den Lebensunterhalt von 120 Kindern bestreiten könne, antwortete Pfr. Carolus mit leuchtenden Augen: „Die Göttliche Vorsehung!“ „Und wenn die fehlt?“ „Dann schnallen wir den Gürtel enger!“

Lediglich 25.-- € pro Tag als Lebensgrundlage für 120 Kinder

Pfarrer Carolus berechnete für den Lebensunterhalt der 120 Kinder – d.h. für Essen, Kleider, Schulgebühren, Medikamente und Diesel-Kraftstoff, um den  Generator zu betreiben – insgesamt  25.-- € pro Tag. Auf die irritierte Reaktion, ob da nicht ein Rechenfehler vorliege, begann er von neuem zu rechnen. Das Resultat blieb das gleiche.

Ein Pizzaessen mit Getränk zu zweit in Deutschland kostet ungefähr das gleiche wie der Lebensunterhalt von 120 Kindern in Myanmar. Dieser Gedanke schockierte. In diesem Moment hatte Rolf Infanger eine Vision, die sein Leben verändern sollte.

Solidarität mit den Ärmsten – Gründung eines Hilfswerks

Zu Hause nach seiner Rückkehr erzählte er seinen Freunden, Bekannten und Verwandten von der extremen Armut  der Bevölkerung und dem sozialen Engagement von Pfr. Carolus. Viele Freunde begannen Geld zu spenden mit der Bemerkung: „Das ist Geld für den Lebensunterhalt der Kinder für einen Tag, eine Woche, einen Monat.“ Eine Solidaritätslawine löste sich aus. Ein deutscher Freund und Rechtsanwalt empfahl, einen Verein nach deutschem Recht zu gründen mit Statuten und Vorstand. Von höchster Wichtigkeit ist die Transparenz, wofür die Spendengelder eingesetzt werden. Innerhalb weniger Monate wurde nach dem Namen der verstorbenen Frau am 21.04.2007 der Verein „Maria Schregel Hilfswerk e.V.“ gegründet. Dieser ist in Deutschland als gemeinnütziger Verein rechtlich anerkannt.

Finanzielle Unterstützung eines Altenpflegeheims

Zur selben Zeit ging Magdalena, eine Krankenschwester der gleichen Ethnie der Karen zum Bischof John  von Pathein mit dem Anliegen, sie wolle – wie Mutter Theresa von Kalkutta – ihr Leben für die Ärmsten der Armen einsetzen. Der einheimische Bischof schickte sie zu Pfarrer Carolus. Dieser sah die große Notwendigkeit für ein Altenpflegeheime im Dorf Kanazogo. Finanziell konnte er Magdalena nicht helfen, stellte ihr aber ein pfarreieigenes Grundstück zur Verfügung. Mit all ihrem Ersparten von rund € 2000.— baute sie ein Bambushaus mit einem festen Zementboden.

Das Bambushaus wurde nur kurze Zeit danach im Mai 2008 durch den heftig wütenden Taifun Nargis vollständig zerstört, zum Glück ohne Verluste von Menschenleben. Mit Hilfe der italienischen Hilfsorganisation AMU konnten mittlerweile zwei Steinhäuser für 14 pflegebedürftige Personen gebaut werden.  Ihren Lebensunterhalt und der Lohn der Mitarbeitenden wird heute von den Spendengeldern des Maria Schregel Hilfswerks e.V. finanziert.

Soforthilfe nach Naturkatastrophe

Nach dem verheerenden Taifun Nargis im Mai 2008, der über 200‘000 Tote gefordert hat, galt die Soforthilfe des Hilfswerks vor allem den 1‘700 Überlebenden, die in der Missionsstation Zuflucht gefunden haben. Der Bau von trockenen Unterkünften in der Monsunzeit, die medizinische Versorgung und der tägliche Lebensunterhalt konnten in den ersten fünf Monaten dank den Spendengeldern des Hilfswerks Maria Schregel e.V. finanziert werden.

Mikrokredite als Starthilfe

An verwitwete Frauen, die durch die Naturkatastrophe ihr ganzes Hab und Gut, ihre Ehemänner und auch Kinder verloren hatten, gewährte das Hilfswerk Maria Schregel e.V. als neues Projekt Mikrokredite. Damit konnten die Witwen eine neue Existenzgrundlage aufbauen und ihre Zukunft sichern, z.B. durch den Aufbau einer Hühner-, Enten-, Schweine- oder Fischzucht. Das gab den Frauen neue Hoffnung.

Gelähmte Frauen eröffnen Stickschule

Drei querschnittgelähmte junge Frauen gehören zu den Ärmsten im Dorf. Sie wuchsen ohne Schulbildung auf und besitzen nicht einmal einen Rollstuhl. Sie waren wie gefangen in ihren eigen vier Wänden. Von drei vorgeschlagenen Arbeitsmöglichkeiten entstand daraus die Idee, mit finanzieller Unterstützung des Hilfswerks eine Stickschule zu eröffnen. Der Verkauf ihrer Arbeiten war so erfolgreich, dass 10 Schulabgängerinnen aus dem Dorf in einem ersten und 12 in einem zweiten Kurs von den Gelähmten in die Stickkunst eingeführt wurden. Auch sie können jetzt mit dem Erlös des Verkauften für den Lebensunterhalt ihrer Familien beitragen.

Schule für Schneiderinnen

Aus diesen positiven Erfahrungen entstand eine neue Idee zur Gründung einer Schneiderschule mit 15 Lehrplätzen. Fußbetriebene Singer-Nähmaschinen, finanziert durch das Hilfswerk, sind ihr Werkzeug, denn im Dorf gibt es zurzeit noch immer keinen Strom. Drei Kurse für je 15 junge Frauen wurden zwischenzeitlich mit großem Erfolg durchgeführt. Im Moment ist eine eigene Kleiderproduktion der Ausgelernten in Planung, damit sie ihre Fähigkeiten in einem eigenen Unternehmen bündeln können.

Direkte Betroffenheit führte zur Gründung des Hilfswerks

Rolf Infanger denkt zurück an den Tag, als er Kanazogo in Burma das erste Mal besuchte. Die militärische Regierung hatte ihm einen einzigen Tag bewilligt, dieses Sperrgebiet für Touristen zu betreten und zu besuchen. Sechs Mal wurde er von der Polizei oder vom Militär angehalten, kontrolliert und befragt. Er hatte den Eindruck, man wolle ihm das große Elend, das er vorfand, nicht zeigen. Von seiner verstorbenen Frau hatte er aber gelernt, die Augen offen zu halten und auch das zu sehen, was man einem nicht zeigen wollte. Tief betroffen von der Armut, aber auch von der Würde der Menschen, verließ er in Begleitung eines Aufpassers Anfang 2007 das Dorf. Es war der Samen, aus dem wenige Monate später das Maria Schregel Hilfswerk e.V. entstehen durfte und nun weiter wächst.

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